Svenja Gräfen schafft mit ihrem Debütroman Das Rauschen in unseren Köpfen ein erzählerisches Wunder über den ersten tiefen Schnitt eines jungen Lebens. Den Roman nur eine Liebesgeschichte zu nennen, wäre viel zu wenig. So kitschig anmutend das Cover auch sein mag, Gräfen gelingt eine Liebesgeschichte, die alles andere als typisch ist, so pur und wahrhaft, dass das Rauschen für den Leser hörbar wird.
Sie erzählt die Liebe von Lene und Henrik. Einer zufälligen Begegnung in der Bahn, aus der sich ein gemeinsames Leben und Lieben entwickelt. In Versatzstücken wird hier die Geschichte von der Gegenwart und Vergangenheit aus zusammengeführt. Langsam nähert sich der Leser, aber auch Lene einer schrecklichen Gewissheit an. Denn Hendriks schwierige Vergangenheit wird immer mehr deutlich. Lene wechselt zwischen ihrem behüteten Elternhaus und ihrem selbst gewählten Leben. Hendrick dagegen hat kein friedliches Elternhaus genossen, sondern Zuflucht und Geborgenheit bei seiner damaligen Freundin gefunden. Diese tiefe Verbindung scheint ungebrochen. Mit dieser Realität sieht sich Lene nun eines Tags konfrontiert. Der erste Zweifel wird mit voller Wucht zur Wirklichkeit und der schöne Schleier der rosaroten Brille wird zur Seite gerissen.
Es ist nicht der altbekannte kratzbürstige Schlagabtausch, der hier das Ende der Beziehung einläutet. Gräfen beschreibt ganz intime Szenen, die sich hinter verschlossenen Türen ab- und den Bruch ganz leise auspielen. Der Leser wird so zum Eindringling ganz intensiver Momente der Verzweiflung.
Wir wissen wohl alle, wovon Svenja Gräfen schreibt. Damit trifft sie uns mitten ins Herz, ohne dabei oberflächlich an dem alten Mythos von der Ex-Freundin, dem ewigen Schreckgespenst, zu kratzen. Als Wahlberlinerin weiß ich zu gut, von was hier die Rede ist, wie groß das Glück über eine neue Wohnung sein kann und ich kenne auch den Typen mit seinem Fahrrad in der Bahn. Das ist aber nur ein kleines Extra, das man beim Lesen geboten bekommt. Gräfen versteht es einfach, die Angst und den lauernden Zweifel wie einen bohrenden Stachel zu inszenieren. Wir sehen aber auch eine Lene, die nicht auf ganzer Linie einen Verlust kassiert, sondern daran wachsen wird. Genau das gehört nämlich dazu, wenn man sich dort hinaustraut in diese herrlich schreckliche Welt.
1 Comment
Ina
3. August 2017 at 15:52Urlaubslektüre ? LG