Der Roman Meine Geschichte ohne dich von Gonzalo Torné hat mir ein paar unbehagliche Lesestunden beschert. Das ist keineswegs negativ gemeint, denn gerade Romane, die den Leser auf Trapp halten, sind Geschichten, die im Gedächtnis bleiben.
So ist Tornés Roman nicht nur ein langer Brief, sondern auch eine Art Zeugnis. Beim literarischen Ich handelt es sich um Joan-Marc, einen Mann mittleren Alters, der sich in seinem Brief an seine zweite Ehefrau richtet. Er schreibt von seiner ganz persönlichen Hölle, in der ein Unglück das nächste jagt. So erwarten den Leser Kindheitserinnerungen, die von der Beziehung zu seinen Eltern und seiner Schwester berichten; Erinnerungen aus seiner ersten Ehe mit einer Amerikanerin, deren Scheitern er zu erklären versucht, während auch seine zweite Ehe nun in Scherben liegt.
Auf sehr zornige, aber unterhaltsame Art zieht der Erzähler Bilanz – hier meldet sich ein waschechter Misanthrop zu Wort. Er zieht dabei schonungslos über alles und jeden her, lässt auch sich dabei nicht außer Acht. Hier wird der Leser eine echte Hassliebe für Joan-Marc entwickeln – versprochen.
Es gibt keinen reißerischen Plot, „bloß“ ein bisschen wirkliches Leben, mit all dem Auf und Ab, das dazugehört, um ein Leben lebenswert zu machen. Torné ist ein echter Anti-Held gelungen, der dem Leser aufzeigt, wie wichtig es ist, das Scheitern zu erkennen, es darum also auch keine Schande ist, sondern eine Chance sein kann.
Lieben Dank an der DVA Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
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4 Neuerscheinungen im Februar & März 2017 - DVA, btb, Kein & Aber, S.FISCHER
5. April 2017 at 11:27[…] Roman Meine Geschichte ohne dich von Gonzalo Torné dreht sich um die Lebenskrise des Vierzigjährigen Joan-Marc. Nach seiner […]