Das Verhältnis von Gabrielle Zevin

In ihrem Roman Das Verhältnis ist Gabrielle Zevin mit ihrer Hauptfigur Aviva Grossman Floridas Version von Monika Lewinsky gelungen. Als junge Praktikantin hat Aviva ein Verhältnis mit dem Kongressabgeordneten Levin, für den sie arbeitet. Ein öffentlicher Skandal folgt und beschäftigt die Presse wochenlang. Während Levins Karriere und Ehe unbeschadet bleiben, wird Aviva von den Medien und ganz Florida verachtet, ihr Leben und ihre Karriere sind ruiniert. „Dank“ dem Internet reicht Avivas Ruf auch über die Grenzen Floridas hinaus, sodass sie beschließ, den Namen Jane Young anzunehmen, um an einem anderen Ort einen Neustart zu wagen.

Wer nun eine pikante, unmoralische Liebesgeschichte zwischen einer jungen Frau und einem älteren Mann erwartet, ist hier ganz falsch, denn Zevin schildert die Geschehnisse der Affäre in Versatzstücken aus vier unterschiedlichen weiblichen Perspektiven. Zum einen Avivas Mutter, Jane Young, ihre Tochter Ruby, die betrogene Ehefrau Embeth und abschließend noch einmal die 20-jährige Aviva, die uns ihre Seite der Affäre schildert. So gelingt es Zevin, die Geschichte aus allen Blickwinkeln widerzugeben, was vielschichtige Einblicke gewährt. Denn geht es weniger um Frage, wer Schuld hat, sondern viel mehr um die Konsequenzen, die sich aus diesem Fehltritt ergeben. Da selbst noch viele Jahre später Avivas/Janes Tochter Ruby von den Ereignissen betroffen ist.

Mit ihrem Roman entlarvt Zevin die Frauenfeindlichkeit und Doppelmoral in der Politik und in den Medien. Zevin entfernt sich von der sensationslüsternen Seite des Skandals und zeigt uns eine junge, naive Frau, die einen Fehler begangen hat, einen sehr hohen Preis dafür zahlen muss und schließlich zu einer Frau und Mutter heranwächst, die sich trotz allem ein erfülltes Leben aufbauen kann.
Das Verhältnis ist ein sehr kluger, feministischer Roman, gespickt mit Frauen, die fehlerhaft sind und dennoch einen selbst bestimmen Weg beschreiten. Damit betont Zevin gerade, wie facettenreich der Feminismus ist und sagt ganz klar dem Slut-Shaming den Kampf an.

Lieben Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!