COMIC // FERNGESPRÄCH von Sheree Domingo

Der Comic FERNGESPRÄCH von Sheree Domingo erzählt mitten aus dem Leben eines Altenheims. Für viele alte Menschen ist das Altersheim eine letzte Entwurzelung, wenn altersbedingt das gewohnte Umfeld zurückgelassen wird. Wir lernen eine der Bewohnerinnen kennen, die gerade ihren Mann dort verloren hat und nun als Witwe einen neuen Abschnitt in ihrem Leben beginnen muss. Außerdem begleiten wir eine der Pflegerinnen, die ihre Heimat, die Philippinen, verlassen hat, um so für ihre Familie den Unterhalt zu verdienen. In den Sommerferien bringt sie ihre Tochter mit zur Arbeit, die sich aber lieber an einen schöneren Ferienort träumt und so mit ihren bunten Erinnerungen an die Philippinen schnell Anschluss findet.
Auch ihre Mutter wünscht sich zurück in die Heimat, da wiederum ihre Mutter schwer erkrankt ist. Doch die weite Entfernung lässt sich leider nicht so leicht überwinden. Gefangen in der Ferne, die doch eigentlich ihre neue Heimat ist, müssen beide resigniert die Nachricht vom Tod der Großmutter erdulden. Mit dieser Zerrissenheit zwischen der neuen und alten Heimat, die ein derartiges Arbeitsarrangement mit sich bringt, sind die beiden nicht alleine. Denn wie der Leser im Nachwort erfahren wird, arbeitet jeder zehnte Filipino mittlerweile im Ausland.

Mit ihren Comic ist Sheree Domingo darum ein wunderbar illustrierter und eindrucksvoller Lebenseindruck gelungen, der die Arbeitsmigration auf den Philippinen beleuchtet und natürlich auch der Frage nachspürt, was Heimat eigentlich bedeutet.

Sehr persönlich schreibt Domingo davon, wie es ist, am Leben von einer Hälfte der Familie nicht teilnehmen zu können, bei den großen Meilensteinen abwesend zu sein und sich lediglich an ein paar Halme der Erinnerung klammern zu können, denn nur die Geschichten ihrer Mutter und Tante erhalten die bunten Bilder am Leben.

Domingos Szenen sind wie überhitzte Traumbilder, kleine Fata Morganas des Alltags, die die Gegenwart abbilden oder aber Erinnerungen heraufbeschwören. Ihre Bilder kommen so sehr gut ohne Worte aus, die Unerbittlichkeit der Hitze des Sommers und des Lebens flammt hier von jeder Seite. Das abschließende Nachwort lässt den Leser gedankenvoll zurück und entlockt ihm einen Blick über den Tellerrand.

Lieben Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!