Literatur - Was ich gerade lese!

Allee der Kosmonauten von Anne Krüger

Allee der Kosmonauten_Anne Krüger

Als ich vor Jahren von West nach Ost gezogen bin, dachte ich anfangs, ich bilde es mir nur ein – doch nachdem auch Freunde es mir bestätigt haben und ich vielleicht etwas mehr auf das Wetter achte als andere, weil ich tagtäglich mit meinem Drahtesel unterwegs bin, glaube ich nun fest daran: Berlin wird doch vergleichsweise selten von Regen heimgesucht. Desto überraschender fand ich die Schilderungen in Anne Krügers Debütroman Allee der Kosmonauten, in dem die Protagonistin Mathilda scheinbar unaufhörlich vom regnerischen und grauen Berliner Wetter verfolgt wird. Klar, wir haben es hier mit einem literarischen Stilmittel zu tun – das Wetter passt nämlich perfekt zum Charakter von Mathilda, die mit ihren 29 Jahren noch immer nicht weiß, was sie mit ihrem Leben anstellen will. Das Germanistikstudium wurde abgebrochen und zum Geld verdienen, landete sie an der Supermarktkasse. Ihr Freund verlässt sie und mit einer neuen Liebe will es nicht recht klappen. Ihre familiären Verhältnisse sind eher distanziert und Freundschaften scheinbar oberflächlich. Mathilda denkt oft zurück, an die Allee der Kosmonauten, die Straße in der sie aufgewachsen ist und die sie mit ihren Träumen und Wünschen als Kind und Jugendliche verbindet. Während die in den 70ern völlig neu angelegte Straße im Berliner Bezirk Lichtenberg-Marzahn einst für hohen Lebensstandard stand und den Aufbruch in die Moderne symbolisierte, ist die Allee der Kosmonauten heute der mitunter trostloseste Teil Berlins, den ich kenne. Eine Parallele zwischen Mathilda und der Entwicklung der Straße ist somit unverkennbar, denn aus ihren einstigen Träumen ist nichts geworden, der triste Alltag ihre Realität. Als Leser bekommt man es mit einer Handlung zu tun, die wie Mathildas Leben nur so vor sich hinplätschert. Es gibt Versuche und auch streckenweite Erfolge von seiten Mathildas das Leben nun doch endlich am Schopfe zu packen, das alles versöhnende Happy End bleibt jedoch aus. Klar, man hätte es ihr gegönnt, aber so ist es eben, wenn man erwachsen wird: Träume platzen und das Leben geht weiter. Für den einen oder anderen ein eventuell eher unbefriedigendes Fazit, das in meinen Augen den Nerv der Zeit jedoch so gut trifft, wie kaum ein anderes Buch, das ich in letzter Zeit gelesen habe.

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Allee der Kosmonauten

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