Mein erster Roman von Doris Knecht ist ihr neuer Roman Alles über Beziehungen. Meine Erwartungen waren war dementsprechend hoch und wurden nicht enttäuscht.
Viktor ist knapp fünfzig Jahre alt, die typischen Symptome einer Krise machen sich bemerkbar: Seine Gesundheit ist besorgniserregend, im Job zeigt er nur noch Präsenz und das Liebesleben im Geheimen scheint Viktor so langsam über den Kopf zu wachsen. Während sein Bart noch den äußeren Schein aufrechterhält, fliegen Viktor seine Ex-Liebesaffären so langsam um die Ohren. Seine Beziehung und sein gesellschaftliches Ansehen stehen ernsthaft auf dem Spiel. Zum „Glück“ wurde bei Viktor eine Sexsucht diagnostiziert, hinter dieser Krankheit kann er sich ausruhen und mit fast gutem Gewissen weiterleben.
Knecht gelingt es, ein all zu menschliches egomanes Ekelpaket zu zeichnen. Dabei sind die inneren Monologe Viktors mein persönliches Highlight. Es sind übergeschnappte Bandwurmgedankengänge in der Endlosschleife, die aber die Unsicherheit Viktors entlarven und ihn dadurch fast sympathisch wirken lassen.
Knecht gelingt eine bitterböse Abrechnung, die nicht ohne Klischees und Überspitzungen auskommt, aber dafür umso mehr Spaß macht. So stößt Knecht zum bitteren wahren Kern an vielen Stellen im Roman vor. Alles über Beziehungen ist kein typisches Pärchengeplänkel oder der Egotrip eines Sexsüchtigen, sondern vor allem eine messerscharfe Beobachtung paarungswilliger Großstädter, die nur „ich, ich, ich“ denken – wenn es mir gut geht, dann geht es auch den anderen gut, oder? Knecht zeigt den Aufstieg und Fall eines Egoisten, der sich niemals ändern wird.
Lieben Dank an den Rowohlt Berlin Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
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