Auf den neuen Roman von Leïla Slimani bin ich schon lange gespannt. Mit All das zu verlieren ist Slimani wieder eine ganz ungewöhnliche Hauptfigur gelungen, deren Verhalten den Leser in einen dunklen Strudel hinabzieht.
Die 35-jährige Adéle hat alles, was man sich nur wünschen kann. Sie arbeitet als Journalistin in Paris und lebt dort mit ihrem Mann, einem Chirurgen, und ihrem Kind in einer schönen Wohnung. Trotz einem mondänen Leben in der Metropole hat sich in Adéle eine Leere breitgemacht, die sie versucht, mit kleinen Affären und anonymen Sexgeschichten zu füllen. Obwohl viel für sie auf den Spiel steht, kann sich Adéle diese Lust nicht versagen. Als ihr Mann eines Tages schließlich hinter ihre verborgenen Machenschaften gelangt, geht das gewohnte Leben aber weiter, denn Adéle verspricht, sich zu ändern. Doch kann sie ihr Wort halten?
Slimani erzählt von den krassen Ausschweifungen einer unglücklichen Frau, deren Verhalten für den Leser wohl nur schwer nachzuvollziehen, dafür aber nicht weniger spannend ist. In fein gesponnenen Episoden dringen wir immer weiter in das Leben Adéles ein. Wir lernen ihre Eltern und Schwiegereltern, Freunde, ihr zwanghaftes Verhalten und ihren Ehemann kennen. Nur hilflos können wir ihr beim Straucheln zu schauen. Zu groß scheint die Kluft zwischen dem, was sie hat und dem, was sie braucht. Keine materielle Absicherung und kein Versprechen garantieren ein glückliches Leben. Das Tragische ist jedoch, dass das, was Adéle sucht und findet, sie ebenfalls nicht glücklich macht. Damit kreiert Slimani eine verfahrene Situation, aus der es unmöglich scheint, sich zu befreien und entlässt den Leser leider so mit vielen offenen Fragen.
Lieben Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
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