Der Debütroman Die Hochhausspringerin von Julia von Lucadou ist eine poetische Dystopie, die vom Scheitern in einer leistungsfixierten Gesellschaft erzählt.
Eine Gesellschaft, in der man nicht nur unter ständiger Beobachtung steht, sondern Leistung unmittelbar bewertet und belohnt wird. Es ist eine Welt, die uns durch Selbstoptimierungsapps, Videoüberwachung und Datentracking gar nicht so fremd ist. Denn immer mehr wird unsere Persönlichkeit transparent, indem das Kaufverhalten analysiert und persönliche Daten verkauft werden.
Julia von Lucadou geht einen Schritt weiter. Sie inszeniert eine Gesellschaft, die nur durch permanenten Leistungsdruck funktioniert. So werden Erfolge durch Lebensqualität belohnt und ständige Feedbackgespräche halten den Menschen auf Spur. In dieser Welt kreuzen sich die Wege von Hitomi und Riva. Die beiden Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein. Riva ist eine berühmte Hochhausspringerin, die zwar durch ihre Millionen von Followern und außergewöhnlichen Leistungen im Rampenlicht steht, dennoch plötzlich aufhört, zu springen. Hitomi ist eine Art Psychologin/Datenanalystin, die damit beauftragt wird, Riva wieder zurück auf ihr Leistungsniveau zu bringen. Damit beginnt Hitomis heimliche Überwachung, doch alle Versuche Riva zu beeinflussen, schlagen fehl. Schnell wird klar, dass die junge Hochhausspringerin sich bewusst verweigert. Auch Hitomis Misserfolg bei diesem Auftrag bleibt nicht ohne Konsequenzen.
Ein selbst bestimmtes, nicht nach Leistung orientiertes Leben wird mit Abschiebung in die Kolonien bestraft. Julia von Lucadou erkennt ganz richtig, dass wir in der gegenwärtigen Gesellschaft genau an diesem Scheidepunkt stehen. Mit ihrem Debüt ist ihr eine stimmungsvolle Dystopie gelungen, die unserem Alltag erschreckend ähnelt und dennoch spannende neue Blickwinkel aufs Tableau bringt. An einigen Stellen hätte ich mir darum viel mehr Weltenbildung gewünscht.
Lieben Dank an den Verlag für die Bereistellung eines Rezensionsexemplars!
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