Das Hogarth Shakespeare Project habe ich nun schon ein paar mal erwähnt. Der Roman Der weite Raum der Zeit von Jeanette Winterson hat den Anfang gemacht, nun folgt Howard Jacobsons Roman Shylock. Während Winterson mit ihrem Roman eine Art Cover gelungen ist, da sie die Handlung von Shakespeares Das Wintermärchen in die Gegenwart verlegt, greift sich Jacobson neben der Handlung vor allem die Themen aus dem Stück der Kaufmann von Venedig. Ein weiterer Kniff der Jacobson mit deisem Roman gelingt, er lässt die Figur Shylock unverändert in der Gegenwart auftreten.
Simon Strulovitch ist die Hauptfigur des Romans. Er ist ein reicher Jude, dessen Religion im Alltag eigentlich keine große Rolle mehr spielt – eigentlich. Bis zu dem Tag, an dem seine Tochter einen Mann heiraten will, der nicht Teil seiner Religion ist. Strulovitch trifft Shylock auf einem Friedhof und dort beginnt auch ihr gemeinsamer Weg. Die beiden Männer verbindet neben ihrer Religion außerdem die problematische Beziehung zu ihren Töchtern. Shylock und Strulovitch haben also viel Gesprächsstoff, der nun über den gesamten Roman verschossen wird und sich zu faszinierenden Dialogen entspinnt.
Deutlich wird, dass Jacobson versucht, ein paar Probleme zu lösen, die das Stück Der Kaufmann von Venedig in seiner Rezeptionsgeschichte immer wieder aufgeworfen hat. Strulovitch und Shylock argumentieren diese Probleme. Dabei ist es sehr spannend zu sehen, wie es Jacobson gelingt, eine Figur Shakespeares in eine andere Zeitepoche zu verfrachten und sie dort wirken lässt. Shylock muss nun sehen, was es bedeutet, 400 Jahre später ein Jude zu sein. Welche Dinge haben sich geändert und welche haben sich vielleicht nicht geändert?
Stellenweise ist der Leser zu sehr viel Aufmerksamkeit gezwungen, denn nicht die Handlung peitscht den Lesefluss voran, sondern Jacobson schafft komplexe Dialoge zwischen Shylock und Strulovitch, die so viel ansprechen und zum Nachdenken anregen. Auch wenn das alles nun nach schwerer Kost klingt, kann ich doch versprechen, dass der Humor in diesem Roman nicht zu kurz kommt, denn Tragik und Komik liegen oft so dich zusammen. Besonders dann, wenn Jacobson in diesem Roman eine mediengeile Gesellschaft inszeniert, die ihre prominenten Sternchen anbetet.
Lieben Dank an den Knaus Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
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Hexensaat von Margaret Atwood - Hogarth Projekt
6. Mai 2017 at 10:32[…] Jeanette Wintersons Der Weiter Raum der Zeit („Das Wintermärchen“), Howard Jacobsons Shylock („Der Kaufmann von Venedig“) und Anne Tylers Die störrische Braut („Der […]