Eine Geschichte der Wölfe von Emily Fridlund

Emily Fridlunds Roman Eine Geschichte der Wölfe spielt in den schier unendlichen Weiten des Nordwestens der USA. In der ländlichen Region des Bundesstaates Minnesota lebt die 14-jährige Linda mit ihren Eltern in sehr ärmlichen Verhältnissen in einer Hütte am See. Ihre Eltern sind die Überbleibsel einer ehemaligen Hippie-Kommune, die sich einst dort am See verwirklicht hat. Lindas Alltag ist geprägt vom Highschoolleben, in dem sie für ihre Mitschüler als „Freak“ existiert, der Perspektivlosigkeit der Kleinstadt und ländlichen Ödnis sowie der Gleichgültigkeit ihrer Eltern. Als eines Tages auf der anderen Seite des Sees eine junge Familie, die Gardners, in ein Sommerhaus zieht, ändert sich Lindas Leben. Als Babysitterin des kleinen Paul findet sie ihren Platz in dieser Familie und glaubt, endlich ein echtes Familienidyll zu erleben. Schnell schlägt das ihr entgegengebrachte Interesse in Anhänglichkeit und schließlich in Abhängigkeit Lindas um, darum stellt sie auch keine Fragen, als eines Tages etwas gewaltig schief läuft.

Die Haupthandlung ist unterbrochen durch kleine Seitengeschichten über Menschen in Lindas Umfeld, wie ihrem pädophilen Geschichtslehrer oder ihre ebenfalls arme Klassenkameradin Lilly. Sie bringen dem Leser den Alltag an einer Highschool und das Leben in einer amerikanischen Kleinstadt noch näher. Lindas Besessenheit von diesen Außenseitern ersetzt die Freundschaft, die ihr im echten Leben fehlt. Fridlund beschreibt in beklemmender Eindringlichkeit Lindas Lebensgeschichte. Unterbrochen wird die Geschichte dieses Sommers durch kurze Rückblicke in die Kindheit in der Kommune und durch Sprünge in die Zukunft, in der Linda mit Mitte 30 immer noch nicht mit den damaligen Geschehnissen abgeschlossen hat. Fridlunds fein gestrickte Handlung und ihr amerikanisches Hinterland-Setting versprühen eine packende Atmosphäre, die den Leser völlig einnehmen wird. Eine Geschichte der Wölfe ist eine gelungene Mischung aus Coming-Of-Age-Story mit mysteriösen Spannungsmomenten.

Lieben Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!