HÖRBUCH // Ein einfaches Leben von Min Jin Lee

Auf die deutsche Übersetzung des literarischen Debüts Ein einfaches Leben von Min Jin Lee habe ich mich schon sehr lange gefreut, denn das englischsprachige Original Pachinko hat im letzten Jahr für Aufsehen gesorgt. Nun habe auch ich mich von diesem beeindruckenden Familienepos umhauen lassen.

Ein einfaches Leben erzählt die Geschichte einer Familie, die der Leser über 70 Jahre lang begleitet. Was als Liebesaffäre der jungen Sunja im Jahr 1920 beginnt, entwickelt sich zu einer weitreichenden Familiensaga durch die schweren Zeiten des Krieges, dem Umzug von Südkorea nach Japan, den prekären Lebensbedingungen der koreanischen Minderheit in Japan und endet schließlich im Jahr 1989. Viele Perspektiven machen aus dieser Geschichte einen reich gedeckten Tisch. Auf sehr beeindruckende Weise gelingt es Min Jin Lee vom täglichen Kampf ums Überleben während des Krieges zu berichten, außerdem rückt sie die Diskriminierung und das Leben der Koreaner am Rande der Gesellschaft in Japan in den Mittelpunkt. Sunjas Familiengeschichte ist von Niederlagen, Unterdrückung und Schicksalsschlägen gezeichnet und dennoch gelingt es ihr, für ihre Familie weiterzumachen und eine sichere Zukunft zu ermöglichen. Doch Sunjas Familie soll für immer fremd bleiben im eigenen Land.

Min Jin Lee öffnet dem Leser die Augen und zeigt den großen Abgrund, der die Koreaner und Japaner voneinander trennt. Auf tragische Weise zeigt sich die tägliche Diskriminierung, den tief verwurzelten Hass und die Ausgrenzung der koreanischen Minderheit in Japan. Von Anfang bis Ende bleibt die Geschichte spannend, was vor allem an den Charakteren lieg, die man schnell ins Herz schließt und für die man sich so sehr wünscht, dass alles gut wird.
Min Jin Lee zeichnet ein beeindruckendes Porträt einer Gesellschaft, die schwer gespalten ist. Sunjas Familie steht stellvertretend für alle die Familien, die in der Fremde eine neue Heimat suchen. Sie erzählt vom Umgang mit Minderheiten, von der Schönheit und Chance einer Familie und dem Zusammenhalt. Damit trifft Min Jin Lee genau den Nerv der Zeit und verhandelt die wichtige Frage, wie wir mit Minderheiten in unserer Gesellschaft umgehen?

Das Hörbuch wird gelesen von Gabriele Blum, die es schafft, die unterschiedlichen Stimmen in diesem Roman und die sich über viele Jahre erstreckende Familiengeschichte lebendig werden zu lassen. Ihr ist es gelungen, 17 Stunden lang für die Spannung und Gefühl zu sorgen. Blums sprachliche Vielseitigkeit inszeniert gekonnt die Handlung und ließ mich mit Sunjas bewegtem Leben regelrecht mitfiebern.

Lieben Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!