Heimat: Ein deutsches Familienalbum von Nora Krug

Heimat: Ein deutsches Familienalbum von Nora Krug ist schon längst ein Bestseller und das als multimediales-grafisches Werk. Krug bringt Licht ins Dunkel der Vergangenheit und rekonstruiert diesen Weg auf eindrucksvolle künstlerische Weise.
Wo Worte einfach keinen Eindruck machen, entscheidet sich Krug für Bilder und Archivmaterial. Ihre Recherche liest sich sehr spannend! Ich habe mich dabei ertappt, wie ich angespannt zur nächsten Seite umgeblättert, Aktenkopien und Fotos bis ins Detail studiert habe und immer wieder von der Gründlichkeit der Autorin überrascht wurde. Während sich die Generation ihrer Großeltern und die Folgegeneration, Noras Eltern und Tante, über die NS-Zeit in Schweigen gehüllt haben, legt Nora Krug den Finger in die Familienwunde, stellt wichtige Fragen und lässt nicht locker, bis sie eine Antwort gefunden hat.

Es ist nicht nur eine persönliche Spurensuche, sondern auch die Auseinandersetzung mit dem Thema der Heimat, dessen Gefühl und Bedeutung. Und dennoch gibt es typisch deutsche Dinge, an die sich Nora Krug erinnert und in dem Index einer heimwehkranken Auswanderin festhält.

Die Mischung aus Originalaufnahmen, grafisch inszenierten Details der Geschichte und persönlichen Erinnerungen, Archivdokumenten und ungewöhnlichen Flohmarktfunden, die während der Recherche in Krugs Hände gelangt sind, wird ergänzt durch die ganz persönliche Note der Autorin, die hier die Begrifflichkeit der Heimat eigenwillig einstreut.
Auf spektakuläre Weise gelingt es Krug das Bildmaterial, die Fakten, sowie Zitate und die Geschichte ihrer Familie in multimedialen Collagen zu inszenieren. Trotz dieser scheinbar wilden Zusammenstellung ergibt dieses Familienalbum ein gelungenes Gesamtbild und spiegelt gekonnt die Hürden und persönlichen Stolpersteine dieser Arbeit wider.

Während sich die Autorin anfangs noch sprachlos ihrer Familiengeschichte gegenübersieht und auch dem Gefühl von Heimat, findet sie im Laufe ihrer Recherchereise nicht nur Antworten, sondern auch ihre Stimme. Kernstück ihrer Suche ist die Frage, welche Rolle ihre Vorfahren während der NS-Zeit und dem Zweiten Weltkrieg gespielt haben. Es ist beeindruckend, wie Nora Krug Antworten auf unbequeme Fragen findet und unermüdlich alle Befunde für sich persönlich auswertet. Darum ist es nicht nur ein lebendiges Album voller wichtiger geschichtlicher Details, die die Autorin so klug erzählt, sondern auch ein ganz persönlicher Einblick, der sich fast wie ein Tagebuch liest.

Ich lege dieses Buch jedem ans Herz, der sich für die deutsche Vergangenheit interessiert und richte mich damit auch an Nicht Comic-Leser. Es ist wichtig zu verstehen, dass wir Verantwortung tragen für den Verlauf unserer Geschichte. Wir müssen verstehen, woher wir kommen, weil es an uns liegt, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Nora Krugs Familienalbum macht das auf erstaunliche Weise unmissverständlich!

Lieben Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!