Die Anatomie des Erwachens von Eleanor Catton

Die Anatomie des Erwachens ist der Debütroman der neuseeländischen Schriftstellerin Eleanor Catton. Sie wurde vor allem durch ihren zweiten Roman Die Gestirne bekannt, für den sie 2013 mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet wurde.

Die Affäre zwischen der 17-jährigen Victoria und ihrem Musiklehrer verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Sie ist der Stein des Anstoßes, aber nicht Hauptschauplatz des Romans. Denn die Affäre wird weitergetragen in die Klassenräume der Musik- und Schauspielschule, den Proberaum einer anderen Musiklehrerin und landet schließlich auf der Bühne. Der Leser dieses Romans erfährt die pikanten Detail aus den Erzählungen anderer. Von einer Affäre sind nicht immer nur zwei Personen betroffen, sondern ein ganzer Schwarm Neugieriger, der sich gierig um sie tummelt. So wird ein Stimmengewirr aus Vorurteilen, Meinungen und ungewöhnlichen Sichtweisen laut, die sich alle zu Wort melden.
Catton gelingt es diese unterschiedlichen Stimmen miteinander zu einem großen Ganzen zu verwoben. Die einzelnen Kapitel des Romans sind wie eine Art Protokoll verfasst. Die einzelnen Fragmente werden, wie für Catton fast schon typisch, bloß mit Wochentagen oder Monaten betitelt.

Catton schafft einen raffinierten Erzählrahmen. Die Affäre und das Geplauder über dieses Ereignis werden in einem Theaterstück verarbeitet. So zerfließen die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Spiel miteinander. Die Affäre wird zu Inszenierung. Für den Leser ist das eine anspruchsvolle Leserreise, die sich aber lohnt. Mit gerade mal 22 Jahren ist Catton dieses Debüt gelungen. Der Roman sprüht förmlich vor lauter junger, literarischer Unbändigkeit, die sich was traut.

Lieben Dank an den btb Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!