Der Debütroman Blaupause von Theresia Enzensberger erzählt die Emanzipationsgeschichte einer Bauhaus Architekturstudentin der 20er Jahren, die aktueller nicht sein könnte.
1921 beginnt Luise Schilling ihr Studium am Bauhaus in Weimar. Sie will Architektin werden, doch der Zugang zur Tischlerei bleibt ihr verwehrt, Frauen werden in die Weberei geschickt, um ihr „Talent für Farbgebung“ zu entwickeln. 1926 kommt Luise nach Dessau ans Bauhaus. Dort wird sie in die Architekturgruppe von Walter Gropius aufgenommen. Aber auch dort wird sie nicht ernst genommen, ihre Vorschläge überhört oder frech kopiert.
Die Schilderungen Luises über den Bauhaus-Alltag und die Lehre werden immer wieder vom wilden Studentenleben unterbrochen. Luise taucht ein in den verlockenden Strudel der Männer- und Partywelt. Geschickt lässt Enzensberger alle politischen Strömungen der Zeit in Form von Männerbekanntschaften Luises einfließen, die sich so eine eigene Meinung bilden kann. Immer wieder funkelt bedrohlich die rechte politische Gesinnung, die sich auf dem Vormarsch befindet.
Ihren Wunsch Architektin zu werden, verliert Luise aber nie aus dem Blick, arbeitet immer an der Blaupause für ein fiktives Siedlungsprojekt in Berlin – hier offenbart sich ihre ganz persönliche Vision. Es ist eine gelungene Mischung aus der Lehre am Bauhaus und den wilden Studentenorgien, die so herrlich den damaligen Zeitgeist einfangen. Enzensberger hat sich für die spannende Perspektive einer jungen Frau entschieden, die sich zwar zwischen all diesen Visionären aufhält, aber trotzdem immer wieder an der Zugehörigkeit ihres Geschlechts scheitern soll – viel traut man einer Frau nun mal nicht zu. Als Leser wissen wir, dass der Weg der Gleichberechtigung noch lange nicht am Ziel ist.
Blaupause ist viel mehr als nur ein Roman, in dem die geschichtlichen Fakten spannend zu einem großen Ganzen gefügt sind, Enzensberger ist es gelungen, für den Leser einen authentischen Eindruck dieser Zeit greifbar zu machen.
Blaupause von Theresia Enzensberger erschienen bei Hanser 2017.
Lieben Dank an Hanser Literaturverlage für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
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