Asymmetrie von Lisa Halliday

Lisa Halliday ist mit ihrem Roman Asymmetrie ein ungewöhnliches Debüt gelungen. Gleich drei Geschichten begegnen dem Leser, die alle auf ganz erstaunliche Weise miteinander verbunden sind.
Im ersten Teil des Romans erzählt Halliday die Liebesgeschichte der jungen Lektorin Alice und dem 50 Jahre älteren Schriftsteller Ezra, die sich auf einer Parkbank in New York treffen. Damit beginnt eine ungewöhnliche Liebe, die aufgrund des Altersunterschieds ihre Grenzen hat; aus der Liebe wird schließlich eine tiefe Freundschaft.
Der zweite Teil erzählt die Geschichte von Amar, einem Wissenschaftler mit doppelter Staatsbürgerschaft: Amerika ist das Land, in dem er lebt und arbeitet; Irak ist das Land, in dem seine Familie lebt. Aufgrund der schwierigen politischen Lage bleibt ihm die Einreise in den Irak verwehrt, der bürokratische Teufelskreis hält Amar am Flughafen von London fest. Seine Wartezeit ist durchwoben von Rückblenden aus seinem Leben und den bisherigen Schwierigkeiten der doppelten Nationalität. Amars Lebenseinblicke ermöglichen dem Leser einen persönlichen Blick auf den Irakkrieg und den Stand muslimischer Bürger in der amerikanischen Gesellschaft. Halliday ist mit dem Porträt von Amar ein eindrucksvolles Bild für die Zerrissenheit von Ost und West gelungen – hier wird die Asymmetrie sichtbar.
Im dritten Teil kommt Ezra noch einmal zu Wort, er beantwortet im Rahmen eines Interviews persönliche Fragen, lässt sein Leben Revue passieren und offenbart dabei ein paar unschöne Charaktereigenschaften, die seiner Figur aber mehr Tiefe verleihen.

Auch wenn Halliday ihren Roman als fiktiv bezeichnet, zieht sich die Bekanntschaft und Leidenschaft für den erst kürzlich verstorbenen Schriftsteller Philip Roth durch den gesamten Roman und kann einfach nicht ignoriert, soll aber auch nicht bloß darauf reduziert werden. Denn tatsächlich gefällt mir der zweite Teil des Romans am besten. Halliday erzählt sehr clever von den Ungleichgewichten des Lebens. Alle drei Teile stehen scheinbar für sich, ergeben aber ein wenn auch asymmetrisches Gesamtgefüge, das noch lange zum Nachdenken anregt.

Lieben Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!