Der Roman Anna und der Schwalbenmann von Gavriel Savit ist eine düstere Erzählung mit fantastischen Momenten. Der Roman beginnt in Krakau im Jahr 1939, die 7-Jährige Anna wartet vergeblich auf die Rückkehr ihres Vaters, ein jüdischer Gelehrter, der vermutlich verhaftet wurde. Er hat mit seiner weltoffenen Art seine Tochter zu einem klugen Mädchen erzogen und somit auf alles Kommende vorbereitet – auch wenn Anna das noch nicht weiß. Deshalb vertraut sie sich in ihrer hoffnungslosen Lage einem Fremden an, der es gut mit ihr meint. Der schicksalhafte Begegnung mit dem Schwalbenmann folgt eine ungewöhnliche Wanderschaft durch die Wälder Polens. Anna und der Schwalbenmann bleiben für Jahre im Schutz des Waldes unentdeckt. Der Schwalbenmann versteht es sich diesen extremen Zeiten anzupassen und nimmt Anna wortwörtlich unter seine Fittiche. In seinem Schutz wird Anna erwaschen und verschließt der bedingunslosen Härte der Umstände zum Trotz nicht ihr Herz. So findet auch der jüdische Musiker Reb Hirschl seinen Weg in diese ungewöhnliche Gemeinschaft.
Anna stellt wichtige Fragen in diesem Roman und auch der Leser sieht sich am Ende mit einer Menge Fragen, ohne Antworten, konfrontiert, die noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Dass ebendiese Fragen wichtiger sind als Antworten, wird Anna vom Schwalbenmann lernen. Und so bleibt auch der Schwalbenmann ein Mysterium, keine Auskunft über seine Herkunft und seine Beweggründe, Anna zu helfen. Die Schwalbe bleibt letztendlich ein Symbol für Rückkehr und Hoffnung, auch in ausweglosen Situationen. Savit gelingt eine ganz ungewöhnliche Sicht auf die Irrungen und Wirrungen dieser Zeit. Die erzählte Welt entsteht ganz allein durch die Allianz, ein mutiges Mädchen, ein ulkiger Saxofonist und der geheimnisvolle Schwalbenmann, gemeinsam schauen sie dem Schrecken ins Angesicht und stehen füreinander ein – genau so soll es sein, gestern, heute und morgen.
Lieben Dank an den cbt Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
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