Michel Houellebecq – Unterwerfung

Nachdem ich begeistert zwar nicht alle Werke des französischen Schriftstellers Michel Houellebecq gelesen habe, aber zumindest „Elementarteilchen“ und „Die Möglichkeit einer Insel“ vor Jahren verschlungen wurden, war die Veröffentlichung von „Unterwerfung“ im Januar diesen Jahres, welches insbesondere im Zusammenhang mit dem Anschlag auf Charlie Hebdo in die Schlagzeilen geriet, quasi ein Lese-Muss.

Der Roman spielt in einem Paris der Zukunft im Jahr 2022 und setzt sich mit dem großen Thema „Islamisierung“ auseinander. Die Wahl eines moslemischen Präsidenten bringt politische Umwälzungen mit sich, Frauen dürfen nicht mehr arbeiten gehen, Kopftuch wird Pflicht, Polygamie wird verherrlicht und ausgelebt, um nur einige Aspekte zu nennen. Was sich utopisch anhört, kommt dem Leser hier plötzlich nur noch halb so abwegig vor, der Widerstand Linksliberaler ist deutlich gering, der Brisanz des Themas wird ganz einfach der Wind aus den Segeln genommen. Verknüpft wird die Vorstellung eines islamisierten Frankreichs mit der Geschichte von Francois, einem Literaturwissenschaftler an der Uni, 44 Jahre und Stereotyp eines postmodernen Singles, der sich lieber mit seinen viel jüngeren Studentinnen vergnügt, statt nach einer festen Beziehung zu suchen. Es wird deutlich wie Francois die politischen Veränderungen erlebt, der zunächst seinen Job verliert, dann aus Paris flüchtet, am Ende aber zurückkehrt, konvertiert und sich „unterwirft“. Tatsächlich ist die Handlung in ein paar Sätzen erzählt, doch ist in der Doppeldeutigkeit, den vielen zynischen Anspielungen, der satirischen Schreibe und natürlich durch die Einbettung in den aktuellen Gesamtkontext, soviel mehr in diesem Roman zu lesen, als nur die Geschichte Francois. Im engeren Sinne kann hier auch von einer Sinnsuche gesprochen werden, ein Thema, das unsere Generation mit all den Möglichkeiten so sehr betrifft, wie kaum eine andere zuvor. „Unterwerfung“ ist auch deshalb ein Buchtipp, der von Herzen kommt – jawohl.